Verkehrswende: Für eine innovative, nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität

Verkehrspolitik und Autokonzerne haben jahrzehntelang auf Verbrenner- und Dieselmotoren gesetzt, die eine nachhaltige Verkehrswende verhinderten. Dr. Kevin Riemer-Schadendorf (KRS) von der UmweltDruckerei hat bei Annika Meenken (AM) vom Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) nachgefragt, wie sich eine zukünftige Mobilität nachhaltig gestalten ließe.

Der VCD setzt sich für eine nachhaltige Verkehrswende ein

KRS
Gib uns bitte einen kleinen Überblick über die Probleme derzeitiger Mobilitätskonzepte hinsichtlich Klimaschutz und Umweltverschmutzung.

AM
Unsere derzeitigen Mobilitätskonzepte basieren zu großen Teilen auf verkehrspolitischen Entscheidungen, die vor Jahrzehnten im Sinne des Leitbildes der „autogerechten Stadt“ getroffen wurden. Während überall neue Straßen und Infrastrukturen für den Autoverkehr entstanden, wurden umweltfreundliche Mobilitätsalternativen, wie z.B. der Rad– und Fußverkehr nicht berücksichtigt. Im Falle der Bahn wurden sogar tausende Kilometer an Strecken und etliche Bahnhöfe stillgelegt und rückgebaut.

Die Folgen dieser fatalen Entscheidungen tragen heute etwa Stadtbewohner*innen, die an vielbefahrenen Hauptstraßen wohnen und unter Autoabgasen und -lärm leiden oder Bewohner*innen ländlicher Regionen, denen mit der Schließung von Bahnhöfen eine Möglichkeit genommen wurde, sich umweltfreundlich fortzubewegen. Insgesamt sind Autos und Lkw für den überwiegenden Teil der CO2-Emissionen im Verkehr verantwortlich und tragen global erheblich zum Klimawandel bei. Nicht zu vergessen ist auch der enorme Platzbedarf von Autos und der dazugehörigen Infrastruktur sowie die damit einhergehende Flächenversiegelung.

KRS
Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, den Bundesanteil am Umweltbonus als neue Innovationsprämie zu verdoppeln, wodurch Elektroautos und Plug-in Hybride für Konsument*innen günstiger werden. Ein Schritt in die richtige Richtung?

AM
Zunächst begrüßen wir, dass es keine Prämie auf den Neukauf von Autos mit Verbrennungsmotor gibt, wie sie lange im Gespräch war. Hier konnte durch das Engagement des VCD und seiner Mitstreiter*innen ein klimaschädlicher Rückschritt verhindert und die mächtige Autolobby in ihre Schranken gewiesen werden!

Auch wenn mit der Erhöhung des Umweltbonus ein richtiger Weg eingeschlagen wurde, sieht der VCD noch einen hohen Bedarf an Nachbesserungen: Während die Prämien auf Elektroautos einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten, sehen wir die Kaufprämien für Plug-In-Hybride kritisch, da ihr ökologischer Nutzen fragwürdig ist – umweltfreundlich sind sie nur dann, wenn sie wirklich vorwiegend elektrisch genutzt werden. Das ist jedoch leider selten der Fall.

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Die Erhöhung des Umweltbonus darf außerdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die von uns geforderte Verkehrswende wesentlich mehr Maßnahmen erforderlich sind. Mit dem Umstieg auf Elektromobilität im Straßenverkehr allein ist es nicht getan. Stattdessen müssen aus Sicht des VCD andere Mobilitätsalternativen stärker gefördert werden: Es fehlt im Konjunkturpaket etwa komplett die gezielte Förderung des Fuß- und Radverkehrs, die gerade jetzt in der Corona-Krise einen enormen Aufschwung erfahren.

KRS
Was sollten unsere Leser*innen grundsätzlich beachten, wenn sie zukünftig nachhaltig oder zumindest nachhaltiger mobil sein wollen?

AM
Es gibt viele Möglichkeiten, die eigene Mobilität im Alltag nachhaltiger zu gestalten. Dies beginnt mit dem Umstieg vom eigenen Auto auf umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel. So können beispielsweise E-Bikes mit ihren immer längeren Reichweiten eine gute Alternative zum täglichen pendeln mit dem Pkw zur Arbeit sein. Wer auf die Nutzung eines Autos nicht verzichten kann oder will, sollte nach Möglichkeit Car-Sharing in Betracht ziehen oder etwa Fahrgemeinschaften für den Weg zur Arbeit bilden.

Auch Urlaubsreisen haben erheblichen Einfluss auf ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten. So schlägt etwa der Hin- und Rückflug zum Städtetrip nach New York mit mehreren Tonnen CO2 zu Buche. Viele europäische Metropolen lassen sich hingegen auch bequem mit dem Zug und damit wesentlich klimaverträglicher erreichen.

Insgesamt bietet ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten auch persönlich viele Vorteile, angefangen mit den Gesundheitsvorteilen von Fahrradfahren bis hin zu einem Gewinn an Zeit, wenn man mit dem Auto nicht mehr im Stau steht oder die Reisezeit im Zug frei nutzen kann.